Egerländer Gmoi Nürnberg

Die Anfänge.

Die heutige Stadt dürfte auf eine Gründung König Heinrich III. zurückgehen und wurde 1050 erstmals erwähnt (Sigena-Urkunde). Ab dieser Zeit gewann die Region Nordgau (das heutige Nordostbayern) an politischer und strategischer Bedeutung, kreuzten sich doch hier zwei alte Heer- und Handelsstraßen, die von Norden nach Italien und vom Rheinland nach Böhmen und in den Donauraum führten.

Nürnberg kann heute wie die meisten älteren Orte auf sieben bis acht Jahrhunderte Entwick-

lung von Stadtverfassung und Stadtrecht zurückblicken. Nachdem sich Augsburg 1276 ein Satzungsbuch geschaffen hatte, folgte Nürnberg 1302 als zweiter Ort des heutigen Bayern nach, während München erst um 1310 und Regensburg 1320 dasselbe taten.

Viele Vorschriften in den ältesten Gesetzbüchern Nürnbergs beginnen mit: „Dez ersten habent  die purger von dem rat gesetzet, daz . . . „  oder: „ Ez verbietent auch unser herren von dem rat, daz . . . .“

 

Ein kurzer Abriß der (Rechts-)Entwicklung Nürnbergs.

Das erste Stadtprivileg von 1219 besagt, dass die für die königliche Hofhaltung benötigten Lebensmittel und Güter gebührenfrei (zollfrei) waren. Etwa ab 1240 bildete sich eine Art Stadtrat (consules) als Organ der Bürgerschaft; die Wirtschaftskraft erlaubte den Bau einer Stadtbefestigung und die beiden Kapellen St. Sebald und St. Lorenz wurden mit eigenen Mitteln großzügig erweitert. Um 1300 wird Nürnberg wahrscheinlich noch unter 10000 Einwohner gehabt haben.

Dem Reichsschultheiß (etwa ab 1250) kann man folgende Aufgaben zuschreiben: Vorsitz und Exekutive des Stadtgerichts, der Friedens- und Marktpolizei; die Markthändler mussten jährliche „Reichnisse“ (Steuern) abliefern, dreimal im Jahr werden Rügegericht über die Bäcker gehalten, einmal über die Fleischer; das Forstmeisteramt über Lorenzer und Sebalder Reichswald gehörte zu seinen Aufgaben.

Es wurde viel gestritten und gekämpft um Rechte, Einfluß, Privilegien und Märkte. 1323/24 verpfändete gar König Ludwig der Bayer das Reichsschultheißenamt an den Burggrafen von Nürnberg. Es war der gleiche König, der das gesamte egerische Territorium 1322 an den König von Böhmen verpfändete. Seit dieser Zeit gehört das Egerland zu Böhmen und nicht mehr zum Nordgau (Oberpfalz).

Am Ende des 15.Jahrhunderts gab es in Nürnberg neben dem Rat etwa 25 Sonderbehörden, die das gesamte öffentliche Leben beeinflussten: Handwerksordnungen, Kontrolle von Qualität, Menge und Preis der Lebensmittel, Bauten, öffentliche Wege, „Fünfergericht“ (Polizei), Pfleger für Kirchen, Klöster und Spitäler, Stadtwaage, Münze, Mühlen und Kornspeicher und vieles andere mehr. Ursprünglich wurden die Rechtsvorschriften und neuen Verordnungen verlesen und zwar von Kirchenkanzeln und auf öffentlichen Plätzen. Nach Erfindung des Buchdrucks erfolgte die Bekanntgabe in schriftlicher Form (heute: Amtsblatt). Eine wichtige Abrundung der Souveränität bildete 1422/29 die für eine Handelsstadt wichtige Privilegierung mit der Prägung eigener Silber- und Goldmünzen, die das Reich vorher den Bürgerfamilien Groß und Valzner sowie den Burggrafen verpfändet hatte.

1513 kam ein Landpflegeamt hinzu, das die Oberaufsicht über die Ämter mit Hochgericht ausübte, u.a. über Altdorf, Lauf, Hersbruck, Velden, Betzenstein, Gräfenberg und Hiltpoltstein. Nürnberg stand im Zenit seiner wirtschaftlichen Blüte und kann als ein Zentrum in Europa bezeichnet werden.

Seit mehr als 200 Jahren wurden von Nürnberg Rechtsgutachten („Heischurteile“) eingeholt (heischen = anfragen, fordern, erbitten), ein Zeichen dafür, dass das Nürnberger Stadtrecht weit entwickelt war und Vorbildfunktion hatte. Die Stadtgerichtsordnung wurde 1549 und nochmal  1654 neu gedruckt, aus der eine gut funktionierende Verwaltung, genaue Handwerksordnungen und die gesamte Rechtspflege ersichtlich war. Der Inhalt fand Eingang im bayerischen Landrecht, in Windsheim, in Dinkelsbühl, im Württemberger Landrecht und anderen.

Bereits in der 2.Hälfte des 16. Jahrhunderts beginnt der Stillstand  der Reichsstadt; Wirtschaftskrisen, 30-jähriger Krieg, merkantilistische Politik der deutschen und europä-

ischen Staaten und auch die Verschuldung der Stadt führten zum Niedergang Nürnbergs.

1730 – 1754 klagte die Kaufmannschaft gegen den (patrizischen) Rat;     1786 ging die Bürgerschaft erneut gegen den Rat vor. Die französische Revolution warf ihre Schatten voraus,  1806 entstand der Rheinbund, Napoleon sprach die Stadt dem Königreich Bayern zu, das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ wurde aufgelöst und Nürnberg  kam am 15. September 1806 offiziell zu Bayern.

 

Wie entwickelte sich Eger ?

Nur 11 Jahre nach der erstmaligen Erwähnung Nürnbergs wurde Eger (egire) in einer Urkunde genannt (Eger hätte also 2011 sein 950-jähriges Jubiläum feiern können). Bedingt durch die strategische Lage (Handelswege, günstiger Zugang zum böhmischen Kessel und zum Donauraum) gewann es schnell an Bedeutung. Markgraf  Diepold III. (Nordgau) errichtete zu Beginn des 12. Jahrhunderts eine Grenzburg in Eger, die eine Besiedlung dieser Region sichern sollte. Eine Kaufmannssiedlung entstand südöstlich der Burg, 1179 hält Kaiser Friedrich Barbarossa den ersten Hoftag in Eger.

1203 wird Eger als civitas (Stadt) bezeichnet und übernimmt das Nürnberger Stadtrecht.

Aus dem Jahr 1303 gibt es die erste schriftliche Vereinbarung zwischen den beiden Reichs-

städten, ohne gegenseitiges Einvernehmen keine Rechtsänderung vornehmen zu wollen.

Von Eger aus wurden diese Stadtrechte nach Westen an Wunsiedel (1326), Weißenstadt, Kirchenlamitz, Selb, an den Markt Redwitz übertragen und nach Osten an Elbogen, Karlsbad, Schlackenwerth, Luditz, Buchau, Theusing, Schönbach, Graslitz u.a. Insgesamt erhielten über 30 böhmische Städte das Nürnberger Stadtrecht.

Aus dem 14. Jahrhundert sind einige Rechtsbelehrungen für Eger als „die urteil von nuerenberg“ erhalten, die mit den Worten beginnen „nachdem unsere schub (Rechtseinholung) von alters here  fuer eur ehrbare weiszhait gangen sein.“ Die Nürnberger Ratsherren wurden von den Egerern als ihre „Altväter“ bezeichnet. Die zahlreichen Privilegien, Verordnungen, Markt- und polizeilichen Anordnungen etc. wurden auf losen Blättern gesammelt und immer wieder bei Bedarf ergänzt und verändert. Einzelne Abschnitte lauteten: „daz sind die gesecze, die czu  hochczeiten gehoerent“,  „von kindelpetten und gevaterschafft“, „von eigen rauch (Herdstätten) und burgerrecht“.  „nota von unrechter elle und unrechtem gewicht“ u.a.

Von 1317 stammt eine Urkunde wie sich das Stadtregiment zusammensetzt (Bürgermeister, Rat, Richter und Schöffen, Geschworene). Aus dem Jahr 1384 existiert das älteste WahlBüchlein für den Rat, das selbst die Zahl der „Schauer“ (Kontrolleure) regelte. Alles original vom Nürnberger Stadtrecht übernommen !

Nürnberg und Eger sicherten sich gegenseitig Handelsvorteile zu: Zollfreiheit, Lagermöglichkeit von Waren, das „Schroten“ (Aus- und Einladen von Waren), Weinhandel, usw. Mit den Nürnberger Kaufleuten waren die Regensburger Kaufleute gleichgestellt (Zollordnung von 1352). Und selbst in Ungarn genossen die Egerer Kaufleute Zollfreiheit, ebenso wie im Elsaß und am Rhein.

Nach der Verpfändung 1322 an Böhmen erhielt Eger vom Böhmenkönig die Zusicherung, als selbständig verwaltetes Territorium respektiert zu werden.

Die Egerer bestanden durch Jahrhunderte hartnäckig auf ihren verbrieften Rechten; nur Kaiser und Könige konnten Anordnungen erteilen, möglichst unter Beachtung dieser Rechte, niemals etwa böhmische Landesämter.

Hussitenkriege, Raubrittertum im 15. und 16. Jahrhundert und der 30-jährige Krieg setzten auch Eger schwer zu. Das Ende des mittelalterlichen Stadtrechts kam für Eger ebenso wie für Nürnberg im Jahr 1806.

 

Horst Biedermann

Literatur :      Dr. Werner Schultheiß :   Geschichte des Nürnberger Ortsrechtes ,  Verlag Korn und Berg Nürnberg 1972
                    Heribert Sturm :                Eger  -  Geschichte einer Reichsstadt ,  Adam Kraft Verlag Augsburg 1951


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